Einen Druck auf eine Spraydose verknüpfen wir mit »Verboten, die den Himmel betreffen«, wir verbinden so »winzige Handbewegungen« mit Veränderungen grosser Zusammenhänge. Dabei vermengen sich – so überlegt Bruno Latour – Esoterik, Technik und Politik diffus. Kleine Handlungen werden zu Mitursachen von nicht direkt wahrnehmbaren Effekten, die zum Klimawandel, zur Havarie des Raumschiffs Erde beitragen. Einzelne Fäden in diesem diffusen Gewebe sind bestimmbar. Sie haben sich in verschiedenen Momenten zu Knoten verdichtet, in denen sie ihre Richtungen verändert haben. Dabei kehren sich Beziehungen um, es werden räumliche und zeitliche Distanzen moduliert, das Verhältnis von Entfernung und Nähe ändert sich. Ein Knoten: Um 1269 überträgt eine anonyme Verfasserschaft die Pole einer Achse, die für die Orientierung im Himmel benutzt werden, auf einen kugelförmig geschliffenen Magnetstein, der als Modell des Himmels fungiert. Ein zweiter Knoten: Um 1600 versteht William Gilbert einen kugelförmigen Magnetstein als Modell für die Erde und erschliesst aus Beobachtungen am Modell die Position der Pole, die Drehung der Erde und ihre Beziehung zur Sonne. Das Artefakt, das als Modell dient, ist materiell und formal um 1269 und um 1600 dasselbe, dient jedoch zur Erklärung unterschiedlicher Objekte, die beide Pole besitzen. Eingebettet in unterschiedliche Diskurse über magnetische Kräfte stellen beide »Knoten« den Gedanken des uno spiritu, des einen Geistes, der Elemente aus unterschiedlichen Stoffen in einer Form zusammenhält, in Frage.
Nils Röller, «Faden I», in: Newsletter 18/2018 – Medialität – Historische Perspektiven (Auszug aus Barbara Ellmerer, Yves Netzhammer, Nils Röller, Über Kräfte (Berlin: Merve, 2014 gemeinsam mit Barbara Ellmerer und Yves Netzhammer)
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