Thomas Jürgasch: : „Worüber man nicht reden kann, darauf muss man zeigen – Boethius’ Bild der wechselnden Größe der Philosophia“

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Abständiges - Symposion

Beitrag zum Symposion Abständiges 16.5. 2019 im Kunstraum Kreuzlingen:

 

„Worüber man nicht reden kann, darauf muss man zeigen – Boethius’ Bild der wechselnden Größe der Philosophia“

In seinem «Trost der Philosophie» zeichnet Boethius ein lebendiges und in vielerlei Hinsicht eindrucksvolles Bild der mit ihm in ein Gespräch tretenden und als Dame personifizierten Philosophie. Zu den besonderen Eigenschaften dieser Dame gehört es, dass sie ihre Größe verändert: Während sie zunächst auf das Maß menschlicher Größe beschränkt ist, erscheint sie Boethius in der Folge zum Teil auch so groß, dass sie mit ihrem Scheitel an den Himmel reicht und dann sogar in den Himmel hineinragt. In meinem Beitrag möchte ich auf einige Aspekte dieses Sprachbildes eingehen. Ich möchte es mit Blick auf Boethius’ Philosophieverständnis kontextualisieren und auf einige antike und spätantike Topoi eingehen, auf die Boethius’ Darstellung der besagten Dame verweist. Abschließend möchte ich noch einige allgemeine Bemerkungen zu Boethius’ Verwendung von Sprachbildern machen und Stellung nehmen zu den Ansätzen, die Sie in Ihrem Projekt verfolgen und die meines Erachtens einen wichtigen Beitrag auch zur „klassischen“ Boethius-Forschung leisten, die bislang den Bereich der bildenden Kunst leider nicht ausreichend berücksichtigt hat.

 

Biografische Notiz

Thomas Jürgasch, Dr. theol., geb. 1978, in Kassel, Studium der Theologie und Philosophie in Freiburg und Oxford. Seit 2007 ist er Wissenschaftlicher Angestellter an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg. Seit 2013 Teilprojektleiter im Sonderforschungsbereich 1015 „Muße“.

Aktuelle Veröffentlichungen

Thomas Jürgasch, Theoria versus Praxis? Zur Entwicklung eines Prinzipienwissens im Bereich der Praxis in Antike und Spätantike“ (Berlin: de Gruyter, 2013)

Thomas Jürgasch, Thomas Böhm und Andreas Kirchner(Hrsg.), Boethius as a Paradigm of Late Ancient Thought (Berlin: de Gruyter, 2014)

Thomas Jürgasch und Tobias Keiling, „Enzyklopädische Räume. Zur Gegenwart der Geschichte in Peter Zumthors Kolumba-Museum“, in: Günter Figal, Hans Hubert und Thomas Klinkert (Hrsg.), Die Raumzeitlichkeit der Muße (Tübingen: Mohr Siebeck, 2016)

Thomas Jürgasch, Tobias Keiling (Hrsg.), „Anthropologie der Theorie, in: Otium. Studien zur Theorie und Kulturgeschichte der Muße, Bd.6) (Tübingen: Mohr Siebeck, 2017)

Thomas Jürgasch, „Hyperphatische Anthropologie: Zum Verhältnis von Theoria und Anthropologie bei Dionysius Areopagita“, in: Thomas Jürgasch und Tobias Keiling (Hrsg.), Anthropologie der Theorie (Otium. Studien zur Theorie und Kulturgeschichte der Muße. Bd.6) (Tübingen: Mohr Siebeck, 2017) S.99-131.

Thomas Jürgasch, Johannes Heger und Milad Karimi (Hrsg.), Religion? Ay Caramba! Theologisches und Religiöses aus der Welt der Simpsons (Freiburg: Herder, 2017)

Thomas Jürgasch, „Christians and the Invention of Paganism in the Late Roman Empire“, in: Marianne Sághy, Michele R. Salzman und Rita Lizzi Testa (Hrsg.), Pagans and Christians in Late Antique Rome: Conflict, Competition, and Coexistence in the Fourth Century (Cambridge: Camebridge University Press, 2015) S.115-129.

Thomas Jürgasch, „Die Enzyklopädie als Choratopos. Pragmatistische Überlegungen zur Interpretation als einem räumlichen Phänomen“, in: Günter Figal (Hrsg.), International Yearbook for Hermeneutics Bd.14 (Tübingen: Mohr Siebeck,2015), S. 194-222.

Lektüre in den Signaturen: Jan Kuhlbrodt zu den Ikonen des Gesetzes

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Lektüre in den Signaturen

Jan Kuhlbrodt: Aus der Wüste
Ich hatte im Januar begonnen, ein Buch des italienischen Philosophen Massimo Cacciari zu lesen, das gerade in einer Übersetzung von Nils Röller im Wilhelm Fink Verlag erschienen war. IKONEN DES GESETZES. Cacciari lebt und lehrt in Venedig und war sogar eine Zeitlang Bürgermeister der Lagunenstadt. Zudem war er mit dem Komponisten Luigi Nono eng befreundet. Dass die Verbindung von Philosophie und zeitgenössischer Musik eine fruchtbare sein kann, wissen wir nicht erst seit Adorno und dessen Analysen zu neuer Musik und seiner Verbindung zur Neuen Wiener Schule. Das Buch Cacciaris kulminiert dann auch in einer Interpretation von und Auseinandersetumg mit Schoenbergs Opernfragment „Moses und Aaron“. Der Blick auf die gegenseitige Verwiesenheit der titelgebenden Figuren, und das damit zusammenhängende Moment des Nie-ganz-bei-sich-Seins rücken hier ins Zentrum. Ich gebe zu, es handelt sich nicht um Text, den man gerade mal so wegliest. Aber was wären Lektüren ohne Widerstände? Aus Lektüren erwachsen Lektüren. So bilden sich neben dem Buch und um das Buch herum, das gerade das Zentrum ist, kleine Stapel von Folgetexten. Und vielleicht ist es das, was Lesen für mich ausmacht, ein lustvolles sich Verirren in einer unabschließbaren Welt.
Ikonen des Gesetzes beginnt mit einer Meditation zu Franz Rosenzweigs „Stern der Erlösung“, und auf Seite 11 findet sich folgende Passage: „Erzählende Philosophie“ ist ein Zitat von Schelling. Hier finden wir den anderen konstitutiven Moment jenes paradoxen, philosophischen Systems, das der Stern sein wollte, den romantischen Moment, der in einem Sinn wiederbelebt worden ist, der ihn strikt vom idealistischen Flussbett unterscheidet. Zur Zeit der Abfassung seines Buches erklärte sich Rosenzweig bereits als Anti-Hegelianer und bemerkenswerter Weise als Schellingianer. Aber dieser Einfluss besonders der Weltalter, betrifft den Dreh- und Angelpunkt des neuen Denkens: Das Verhältnis zwischen Voraussetzung und erzählender Philosophie.”
Hier bei Cacciari kommt einiges zusammen, denn er klopft belletristische Texte auf ihren philosophischen und religiösen Gehalt ab. Das Buch bildet z.B. eine faszinierende Engführung von Rosenzweig, den ich endlich lese, Freud, den ich lange nicht gelesen habe, und Kafka, den ich eigentlich immer lese: „Das, was die Sprache gegeben hat (die heilige und unzerstörbare bei Rosenzweig), offenbart sich als Figur des Schweigens – das Schweigen steht in der Identität jener Sprache, es ist deshalb nicht das alleinige Schweigen der Antwort, sondern die Dimension des Fragens – ein Halt im Fortschreiten.“ Es ist immer wieder die Wüste, die einen eigentümlichen Topos bildet. Nicht nur bei Cacciari und den von ihm herangeführten Autoren. Man kann sie auch bei Nietzsche finden, und auch hier mit einem verstörendem Heimatbezug. Und vielleicht liegt es an der Stille, die die Wüste zumindest in meiner Vorstellung ausmacht. Im Nachwort von Nils Röller folgende Passage: „Ein Schlüsselbegriff in der Zusammenarbeit des Komponisten (Nono) mit dem Philosophen ist Stille. Es ist eine Stille, die anruft, tragisch-schmerzhaft erklingt, und ein Fehlen, ein Nicht-Zufriedensein mit der Welt ausdrückt und damit klar zu unterscheiden ist von der Stille in den Werken von John Cage. Dort wird Stille kompositorisch als eine Öffnung aufgefasst für die Umgebung und den Reichtum dessen, was gegeben und anwesend ist.“

 
 

Catarina Zimmermann-Homeyer: Philosophie ins Bild gesetzt – Gedruckte Ausgaben der Consolatio Philosophiae zwischen Tradition und neuer Leserschaft

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Abständiges - Symposion

Beitrag zum Symposion Abständiges 16.5. 2019 im Kunstraum Kreuzlingen:

 

Philosophie ins Bild gesetzt – Gedruckte Ausgaben der Consolatio Philosophiae zwischen Tradition und neuer Leserschaft

Mit der Erfindung des Buchdruckes erfolgten sehr viele Auflagen der Trostschrift des Boethius, auch in den Volkssprachen. Zunächst enthielten die gedruckten lateinischen Ausgaben keine Holzschnitte. Allein die volkssprachlichen Editionen wurden mit Bilderschmuck versehen. Neben Holzschnitten finden sich in einigen Drucken auch textfreie Stellen auf den Seiten, die der Käufer von Illuminatoren ausmalen lassen konnte. Ebenso wurden in einigen Ausgaben auch die vorhandenen Holzschnitte mit äußerst qualitätvollen Miniaturen übermalt. Offenbar bediente man auf diese Weise in der Frühdruckzeit gleichzeitig eine kleine, elitäre Käuferschaft neben einer breiten, an kostengünstiger Literatur interessierte. Erst der Straßburger Drucker Johannes Grüninger schuf einen umfassenden Holzschnittzyklus für eine lateinische Ausgabe. Hierzu verwendete er teilweise eigens für den Druck gefertigte Holzschnitte, die er aber nach Bedarf mit kleinen Holzschnittstreifen ergänzte. Diese durchaus kostengünstige Bebilderungstechnik war zwar keine Erfindung Grüningers, doch brachte er diese zu einer ästhetisch ansprechenden Perfektion. Grüninger gelang es, die Ausgabe umfassend mit Holzschnitten zu bebildern, indem er sowohl auf alte Ikonographien zurückgriff als auch neue Bildschöpfungen präsentierte. Ihre Detailgenauigkeit lässt auch die Vermutung zu, dass die Bilder eine didaktisch-memorative Funktion für den Leser haben sollten und somit einen Paradigmenwechsel von einem repräsentativen hin zu einem intellektuellen Mehrwert markieren.

 

Bild: Boethius, „Vertreibung der Musen Fol. IIV“, in: De Consolatione Philosophiae (Strassburg: Johannes Grüninger, 1501)

 

Bild:  Boethius, „Rad des Schicksals Fol.XXIIIV“, in: De Consolatione Philosophiae (Strassburg: Johannes Grüninger, 1501) 

 

Bild:  Boethius, „Scheideweg Fol.XXXVI“, in: De Consolatione Philosophiae (Strassburg: Johannes Grüninger, 1501) 

 

Bild:  Boethius, „Vertreibung der Musen (Titelbild)“, in: De Consolatione Philosophiae [dt.] (Strassburg: Johann Schott, 1500) 

 

Bild: Boethius, „Titelbild (Gleichzeitig Initiale des Titels), in: De Consolatione Philosophiae (Lyon: Jean de Vingle für Etienne Gueynard, 20.IV.1498)

 

Biografische Notizmit aktuellen Veröffentlichungen

Catarina Zimmermann-Homeyer, geboren in Bonn, veröffentlichte im Mai 2018 im Verlag der HAB Wolfenbüttel ihre Dissertationsschrift Illustrierte Frühdrucke lateinischer Klassiker um 1500. Innovative Illustrationskonzepte aus der Straßburger Offizin Johannes Grüningers und ihre Wirkung. Sie studierte von 1996 bis 2004 an der WWU Münster und der FU Berlin Kunstgeschichte, Klassische Archäologie und Alte Geschichte auf Magister. Seminare zu illuminierten Handschriften und illustrierten Drucken weckten ihr Interesse an der Forschung zur Buchillustration. Bereits ihre Magisterarbeit schrieb sie über die Bebilderung einer Lyoner Ausgabe der Metamorphosen Ovids aus dem Jahr 1510. Während der Forschungen zu ihrer Dissertationsschrift war sie Stipendiatin an der HAB Wolfenbüttel (2010 und 2016), hielt wissenschaftliche Vorträge und Gastvorlesungen und publizierte zu illustrierten Klassikern. Im Jahr 2014 verteidigte sie ihre Dissertationsschrift an der Universität Bonn bei Prof. Dr. Georg Satzinger und Prof. Dr. Harald Wolter-von dem Knesebeck. Catarina Zimmermann-Homeyer lebt und arbeitet in Berlin.

 

Veröffentlichungen

Catarina Zimmermann-Homeyer, „Spuren eines drucktechnischen Experiments in den Holzschnitten der Terenz-Ausgaben des Straßburger Frühdruckers Johann Prüß“, in: Stephan Füssel (Hrsg.), Gutenberg-Jahrbuch(Wiesbaden: Harrassowitz, 2019), S.69-90.

Catarina Zimmermann-Homeyer, „Der Figur klerliche Erklärung. Didaktik und Ars memorativa in Text und Bild der ersten deutschen Gesamtausgabe der Terenz-Komödien von 1499.“, in: Jürgen Wolf (Hrsg.), Zeitschrift für deutsches Altertum (Stuttgart: Hirzel, im Druck)

Catarina Zimmermann-Homeyer, Illustrierte Frühdrucke lateinischer Klassiker um 1500. Innovative Illustrationskonzepte aus der Straßburger Offizin Johannes Grüninger (Wolfenbütteler Abhandlungen zur Renaissanceforschung Bd. 36) (Wiesbaden: Harrassowitz, 2018)

Catarina Zimmermann-Homeyer, „Eine bislang unbekannte Verwendung der Holzschnittfolge „Venedig 1497“ in einer Edition der Metamorphosen aus dem Jahre 1517“, in: Jürgen Leonhardt (Hrsg.), Wolfenbütteler Renaissance-Mitteilungen(Wolfenbütteler Arbeitskreises für Renaissanceforschung Bd. 3)(Wiesenbaden: Harrassowitz), S.103-134.

Daniel Irrgang: Chronotopographie: Erkundungen medienarchäologischer Raum- und Zeitachsen

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Abständiges - Symposion

Beitrag zum Symposion Abständiges 16.5. 2019 im Kunstraum Kreuzlingen:

 

Chronotopographie: Erkundungen medienarchäologischer Raum- und Zeitachsen

Die Präsentation stellt diagrammatische Werkzeuge vor, welche als Hybride aus Kartogramm und Zeitleiste die Zeit-Räume medienarchäologischer Studien aufspannen und hermeneutisch zugänglich machen. Entwickelt wurden diese chronotopographischen Zugriffe in Zusammenarbeit mit Siegfried Zielinski und wechselnden ForscherInnen, unter anderem mit Robert Preusse, der im anschließenden Vortrag auf unser jüngstes Forschungs- und Ausstellungsprojekt eingehen wird: Ramon Llulls Kunst des Kombinierens, deren Einfluss auf Künste und Technologien bis zu heutigen Positionen nachgezeichnet werden kann.

 

Bild: Daniel Irrgang und Clemens Jahn, „Chronotopoi der Variantologie“, in: Siegfried Zielinski, Eckhard Fürlus (Hrsg.), Variantologie. Zur Tiefenzeit der Beziehungen zwischen den Künsten, Technologien und Wissenschaften (2013)

Bild: Daniel Irrgang und Clemens Jahn, „Chronotopoi der Variantologie“, in: Siegfried Zielinski, Eckhard Fürlus (Hrsg.), Variantologie. Zur Tiefenzeit der Beziehungen zwischen den Künsten, Technologien und Wissenschaften (2013)

 

Biografische Notiz mit aktuellen Veröffentlichungen

Daniel Irrgang ist Medienwissenschaftler und Lehrbeauftragter an der Universität der Künste (UdK) Berlin. Von 2016 bis 2018 war er wissenschaftlicher Mitarbeiter und Assistent des Rektors an der Staatlichen Hochschule für Gestaltung (HfG) Karlsruhe, von 2013 bis 2016 wissenschaftlicher Mitarbeiter und Koordinator des Vilém Flusser Archivs an der UdK Berlin. Als Mitarbeiter im Forschungsprojekt „Archäologie/Variantologie der Medien“ ist er Mitherausgeber der Bde. 4 und 5 von Variantology, On Deep Time Relations of Arts, Sciences and Technologies (2010, 2011) sowie der deutschen Anthologie (2013). Er ist außerdem Mitherausgeber des eJournals „Interface Critique“. Aktuell arbeitet er zusammen mit Bruno Latour, Martin Guinard Terrin und KollegInnen an HfG und ZKM | Zentrum für Kunst und Medien Kalrsuhe an dem neuen Ausstellungsprojekt „Critical Zones“, das 2020 am ZKM eröffnen wird. Zudem hat er an weiteren Ausstellungen am ZKM mitgewirkt: „DIA-LOGOS: Ramon Llull und die Ars Combinatoria“ (2018), „Allahs Automaten: Artefakte der arabisch-islamischen Renaissance (800–1200)“ (2015/16), Bodenlos: Vilém Flusser und die Künste“ (2015). www.danielirrgang.net

 

Veröffentlichungen

Daniel Irrgang, „Leibniz – I Ching – Cage. Blind Thinking and Chance Operations“, in: Amador Vega Esquerra, Peter Weibel und Siegfried Zielinski (Hrsg.), DIA-LOGOS: Ramon Llulls Method of Thought and Artistic Practice (Minneapolis: University of Minnesota Press, 2019), S. 270–282

Daniel Irrgang, Martin Guinard-Terrin und Bettina Korintenberg, „Critical Zones. Ein Forschungsseminar mit Bruno Latour“, in: Revue d’Allemagne et des pays de langue allemande. 50/2 

Daniel Irrgang, „Ancanonical Icons“, in: Thresholds 2 – experimental digital publishing journal University of Louisville/University of North Carolina Chapel (2018)

Daniel Irrgang, Vom Umkehren der Bedeutungsvektoren. Prototypen des technischen Bildes bei Vilém Flusser. International Flusser Lectures (Cologne: Walther König, 2017)

Kammerflimmern, Thurgaukultur

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Wohnzelle. Biologische Zelle. Terroristische Zelle. Das Wort „Zelle“ kann vieles meinen. Eine neue Gruppenausstellung im Kunstraum Kreuzlingen geht auf eine verblüffende Forschungsreise.

 

Mitte der 20er Jahre des 6. Jahrhundert wird der römische Gelehrte Boethius verhaftet und zum Tode verurteilt. Boethius ist ein Alleskönner, gleichermassen Theologe, Philosoph und Politiker, der in seiner Freizeit Logik, Mathematik und Musiktheorie übersetzt und der unter der Herrschaft des Ostgotenkönigs Theodrich steile Karriere macht. Als er unschuldig unter den Verdacht gerät, eine Verschwörung gegen die Ostgoten zu planen, sperrt Theodrich seinen Hochleistungsdenker in ein dunkles Loch.

 

Doch die Mauern der Gefängniszelle schränken Boethius nur körperlich ein. In der Gefangenschaft verfasst er sein Hauptwerk „Der Trost der Philosophie“, in dem sich der Gefange mit der in einer Frauenfigur personifizierten Philosophie unterhält – ein derart fruchtbarer Dialog, das er die ob ihrer Gefangenschaft krank und lethargisch gewordene Autorfigur zu heilen vermag. Der ultimativ beschränkte Raum der Zelle reift zum Imaginationskatalysator. Kurz nach Abfassung seines Opus Magnum wird Boethius hingerichtet.

 

„Der Trost der Philosophie“ aber überlebt die Jahrhunderte: Um das Jahr 1000 übersetzt Notker der Deutsche das Werk in St. Gallen ins Althochdeutsche. In der Folge wird das Bild des Gelehrten im Dialog mit der Philosophie unzählige Male in den Schreibwerkstätten des Mittelalters inszeniert und reproduziert. Mit ebendiesen Abbildern von Boethius Isolationshaft beschäftigt sich gegenwärtig der deutsche Philosoph und Medienwissenschaftler Nils Röller an der Zürcher Akademie der Künste – und wählte hierfür einen faszinierenden, die Medienzgrenzen verwischenden Ansatz.

Eine neue Allianz zwischen Wissenschaft und Kunst

Röller nämlich, dessen Forschungsprojekt mit dem Titel „Ikonografie der Philosophie“ betitelt und vom Schweizer Nationalfonds SNF finanziert wird, öffnete den Diskurs nach aussen und initiierte auf der Suche nach neuen Blickwinkeln eine Allianz zwischen Wissenschaft und Kunst. Fünf Künstler hat Röller dazu angehalten, ihre Gedanken zum offenen Themenfeld „Zellen“ intermedial auszuformulieren. Der Ausgangspunkt Boethius wabert zwar als hinterlegtes Wissen mit, Kurator Röller warf aber nur das Wort „Zelle“ in die wuselnde Gedanken- und Löwengrube. Wobei „nur“, das werden wir gleich sehen, als eine beinahe ketzerische Untertreibung erscheint. Die Ergebnisse der nachfolgenden Arbeitsphasen sind nun im Kunstraum Kreuzlingen in einer bemerkenswerten Gruppenausstellung mit dem Titel „Zellenleben“ zu entdecken.

 

Der verhandelte Diskurs eröffnet aufgrund der dem Wort „Zelle“ injizierten semantischen Doppellungen ein allumfassendes Feld der Verweise. Klar, zunächst denken wir an die Gefängniszelle, einen abgeschlossenen, zutiefst menschlichen Raum. Dann aber beginnt das Bedeutungsrattern. Wir denken an terroristische Zellen. An Wohnzellen. An Gewerbezellen. Und an die biologische Zelle, die kleinste lebende Einheit aller Organismen. So klein. Und doch so gross. So allumfassend. Wenn wir über Zellen nachdenken, dann tanzt der Mikrokosmos mit dem Makrokosmos eine liegende Acht. Ein Endpunkt jedenfalls ist kaum auszumachen.

Zwischen den Arbeiten bleibt Platz zum Atmen. Und zum Weiterdenken.

Umso erfrischender erscheint es, dass Röllers Ausstellung so konzentriert daher kommt. Die fünf künstlerischen Positionen im Ausstellungsraum bekommen allesamt ihren Platz, die Ausstellungsmacher widerstanden der aufdringlichen Versuchung den Kunstraum durch weitverzweigte Systemanalysen zu überladen. Spoiler: Foucaults allgegenwärtige Überwachsungssysteme spielen beim Blick in die einzelnen Zellen weder auf erster noch auf zweiter Ebene eine entscheidende Rolle! So bleibt zwischen den einzelnen Arbeiten Platz zum Atmen, vor allem aber zur Imagination. Zum Weiterdenken. Zum Fadenschlagen. Zum Widersprechen. Zum Verordnen und Zerordnen.

 

Ins Auge stechen zunächst die Fotografien von Beat Streuli, aufgezogen auf massive Papierwände. Streuli spürte zuletzt Stadtstrukturen in Pnom Penh, Cotonou, Zürich, Tanger, Istanbul und Hongkong nach, durch eine gezielte Collagierung reifen die verzahnten Oberflächen der Hochhäuser zum globalen Zellnetz, zur Mensch-gemachten Musterung des Planeten. Jso Maeder indes wählt ein verschachteltes Kleinstformat: In einer Art Zettelkasten sollen wir in Fragmenten wühlen, aufgedruckt auf 24 Tafeln und Folien, eine Art Anti-Archiv. Eine fast zärtliche Arbeit, welche die Brücke zur Wissenschaft als Luhmannsches Zitatsystem zurück schlägt.

 

Ungleich martialischer erscheint Dominic Neuwirths „Topologie einer Geometrie der Leere“, eine bedrückende Installation, in der Subjekt und Objekt, Innen und Aussen verschwimmen und dann eben doch in Form eines gequält gekrümmten Kokons zusammen gebunden werden. Erst in den umrahmenden Arbeiten von Judith Albert und Barbara Ellmerer gelingt dann der Ausbruch, ja die Sprengung der Zelle. Albert zeigt eine Video-Kleinstbeobachtung aus London: Ein blaues Samtuch fliesst wie von Geisterhand unter einer vergitterten Tür hervor und entwickelt dabei so einen „American Beauty“-mässigen Kitsch des Alltags. Ellmerer indes übersetzt Partikelprotokolle von Zellorganellen in vier ausufernde, ja energetische Ölgemälde. Der Zoom wird hier um taktgebenden Dimensionenverschieber.

Im Tiefparterre wartet ein weiteres Ausstellungsexperiment

In der Kombination und Vermischung der Medien, im Verrühren von geisteswissenschaftlicher Forschung und den intuitiven künstlerischen Vermengungen entsteht eine Art Kammerflimmern, das Röller im Gespräch als „Diskursraum“ kennzeichnet. Und an der Stelle wird klar, dass die Kunst hier eben nicht zum Handlanger der Forschung wird, sondern das es zu wechselseitigen Kommentarbeziehungen kommt. Und ebendiesen Unterbau hat die Kunst, die uns sooft zum blossen visuellen Spielplatz verkommt, bitterst nötig.

Doch auch der Kunstraum, und das ist seine entscheidende, weil verborgene Eigenheit, wuchert einer Zellstruktur gleich in die dritte Dimension. Nach unten. In den Keller. Tiefparterre. Parallel zum “Zellenleben” entstand dort das Ausstellungsexperiment “Rest Or Stay” von Marianne Halter und Mario Marchisella. Und in einer unaufdringlichen Verzahnung der Konzepte gelang es Kunstraum-Kurator Richard Tisserand einmal mehr Keller und Cube mindestens theoretisch zu vernähen. Mehr noch: “Rest Or Stay”, eine zerstückelte Raumreflexion am Beispiel des explizit Japanischen, würde für den Unwissenden wohl problemlos als weiteres Zellenkapitel durchgehen. Dabei ist die Arbeit unabhängig von Röllers «Zellenleben» entstanden. Gegenseitige Bezüge sind trotzdem möglich.

 

Auf der Wand des Kellers sehen wir projizierte Parkhauseinfahrten, halbhoch verhängt zum Schutze des autofahrenden Antlitz. In der Mitte dann der Zellkern. Ein Nicht-Raum und Schutzraum, eine nachgebildete Karaoke-Bar, auch hier die Vorhänge, die uns zunächst vorm eintreten abhalten. Dann aber lockt uns “Love Me Tender”, wie Bienen in den klebrigen Blütenkelch. Ein Unbekannter im Anzug singt alleine den Elvis-Hit, herausgeputzt für den grossen Auftritt, aber alleine, verlassen in der Zelle. Fast so wie Boethius.

 

Termine: Die beiden Ausstellungen werden am Freitag, 12. April, eröffnet. Sie ist bis zum 19. Mai zu sehen. Geöffnet Fr 15 – 20 Uhr; Sa / So 13 – 17 Uhr. Eintritt gratis

 

Heppeler, Jeremias, “Kammerflimmern” (12.04.2019), in: https://www.thurgaukultur.ch/magazin/3989 , abgerufen am 16.04.2019.

Freiheit oder Gefangenschaft – Eine Frage der Perspektive?, Kreuzlinger Zeitung

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 Kreuzlingen – Kunst, Philosophie und Fotografie haben immer etwas zu tun mit der Suche nach neuen Erkenntnissen und Blickwinkeln, dem Anregen von Diskursen und mit dem Willen, Grenzen zu sprengen. Was wäre, wenn all diese Bereiche zusammengeführt werden? Der Kunstraum Kreuzlingen und Tiefparterre tut genau dies. Die zwei Ausstellungen «Zellenleben» und «Rest or Stay» führen die Besucher an die ewig heisse Thematik Freiheit und Gefangenschaft heran. Heute Abend um 19.30 Uhr findet die Vernissage statt. Die Ausstellung ist bis 19. Mai für die Öffentlichkeit zugänglich.

Sechs scheinbar voneinander losgelöste Posten gehen beim näheren Betrachten eine Symbiose ein. Sie schlagen zwar alle einen anderen Weg, auf der Suche nach Klarheit ein, finden sich aber am Ende am selben Ort wieder. Während des Rundgangs und der Beschäftigung mit den einzelnen Kunstobjekten, erhält der Besucher mehr Klarheit über den Begriff Zellen. Das Wort ist negativ konnotiert und ruft heute noch beklemmende Gefühle hervor. Zellen sind ein grosses Thema in der Biologie, werden als Synonym für Strafvollzugsanstalten und im Sprachgebrauch als bildliche Erklärung für einengenden Wohnraum verwendet. Die folgenden Zeilen nehmen die einzelnen Künstler und deren Schaffen unter die Lupe.

 

Zellenleben
Irgendwo im multikulturellen Londoner East End fliesst ein nicht endend wollendes, blaues Samttuch unter einer vergitterten, geschlossenen Tür auf den Gehsteig hinaus. Der Strom des tiefen Blau verbindet das Verborgene mit dem Aussen. Die Hellraumprojektion der Künstlerin Judith Albert setzt sich mit Grenzen auseinander, die scheinbar alles beherrschen und überlagern.

 

Die vierteilige Werkgruppe von Barbara Ellmerer basiert auf einem Bild der Flux-Particle-Serie aus dem Jahr 2013. Mit mikroskopischem Blick zoomt sie Farbpartikel und Öl-Schichten maximal nahe heran und denkt diese in Überdimensionen neu. Die unsichtbaren «Sujets» nähern sich Zellorganellen, auch Kraftwerke der Zellen genannt, an.

 

«Es ist mir wahrlich eine Freude, dass wir Jso Maeder für die Ausstellung gewinnen konnten», sagt der strahlende Kurator und Philosoph Nils Röller. Auf einer weissen Säule steht eine halb durchsichtige Kiste. Die 24 Tafeln und Folien darin unterbieten in ihrer Abfolge das Prinzip einer indexikalischen Ordnung oder archivischer Kategorien. Wie bei einem Zettelkasten wird fragmentarisches Material unterschiedlicher Herkunft, darunter Zitate oder Inhalte aus Fremdquellen, zu einer fortlaufenden Montage koordiniert. Während bei den anderen Werken die Kunstinteressierten nur vorbeilaufen oder stehenbleiben, kann hier durch das Stöbern im Kasten selbst «angepackt» werden.

 

Mitten im Raum steht eine Installation, die sich mit Zuständen und Materialien auseinandersetzt. Dominik Neuwirth will damit seine literarische Erzählung «Das Sobjekt» thematisieren. Diese handelt von einer Zeit der Unterwerfung, in welcher es keine Unterschiede zwischen menschlich und nicht-menschlich oder Subjekt und Objekt gibt.

 

Die Bilder von Beat Streuli zeigen Fassaden, die Lebensräume der Sichtbarkeit entziehen. Sie wirken aber auch als Schnittstellen zwischen Innen und Aussen. Die Fotografien wurden in Phnom Penh, Cotonou, Zürich, Tanger, Istanbul und Hong Kong aufgenommen.

 

Im Eingangsbereich stellt Vera Kaspar Bildprotokolle von Barbara Ellmerer, Dominic Neuwirth und sich selbst aus. Sie dokumentieren die Erforschung von unsignierten Darstellungen diverser Künstler. Im Zentrum stehen Bilder im Zusammenhang mit dem Text «Trost der Philosopie» vom neoplatonischen Philosophen und römischen Gelehrten Boethius. Das Werk wurde in St. Gallen erstmalig ins Deutsche übersetzt. Es handelt von Boethius, der während seiner Gefangenschaft mit der personifizierten Philosophie redet, um seine Situation verständlicher und erträglicher zu machen.

 

Rest or Stay
Am Ende der schmalen Treppe befindet sich das Tiefparterre. Es besteht eine fast schon beklemmende Atmosphäre, die der dunkle Keller mit den abgedeckten Fenstern ausstrahlt. Die Stimmung passt perfekt zum Thema «Freiheit oder Gefangenschaft in Grossstädten». «Rest or Stay» von Marianne Halter und Mario Marchisella ist eine Fantasie dazu, was alles hinter den Mauern «abgehen» kann. Der Hellraumprojektor zeigt Bilder von scheinbar verschlossenen Häuserfassaden und Love Hotels, welche die beiden Künstler auf einer Japanreise aufgenommen haben. Während im Obergeschoss alles relativ abstrakt ist, oder mit antiken Schriften zu tun hat, können hier unten die verschiedenen Gefühle selbst erlebt werden. Wer selbst in Japan war oder in Grosstädten sensibel für die vielschichtigen «Vibes» ist, fühlt sich mitten im Geschehen und nicht nur daneben.

 

Der Rundgang ist ein Erlebnis für alle Sinne und hinterlässt seine Spuren. Auch wenn nachher mehr Fragen im Raum stehen, hat der Besucher eine klarere Sicht auf die Dinge.

 

Zoller, Sandro, “Freiheit oder Gefangenschaft – Eine Frage der Perspektive?” (11.04.2019), in: https://www.kreuzlinger-zeitung.ch/2019/04/11/freiheit-oder-gefangenschaft-eine-frage-der-perspektive/ , abgerufen am 16.04.2019.

Von Herdentieren und Zelleninsassen, St. Galler Tagblatt

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Von Herdentieren und Zelleninsassen

Nils Röller, Professor an der Zürcher Hochschule der Künste kuratiert die aktuelle Gruppenausstellung im Kunstraum Kreuzlingen. Fünf Künstler spüren in «Zellenleben» dem Menschen und seiner Behaustheit nach.

Ein raffiniertes Thema, das Raum für Abbild und Deutung lässt: «Zellenleben». Die Zelle als Baustein des Körpers und als Form der menschlichen Behausung; das Innen und das Aussen, dazwischen der Mensch. Hier fliesst ein rätselhaftes blaues Samttuch aus einer geschlossenen Tür im Londoner East End (Judith Albert, 1969), da ragen Wohntürme empor in anonymen Städten (Beat Streuli, 1957), dort liegt ein amorphes, beige-braunes Etwas auf dunkler Erde, einer Mumie gleich (Dominic Neuwirth, 1991).

Lebensraum oder Gefängnis für die Menschen?

Verwandtschaften, Zusammenhänge sind nicht sogleich erkennbar zwischen den fünf unterschiedlichen Positionen, die Kurator Nils Röller zum Thema gefügt hat. Er ist Philosoph und lehrt Medien- und Kulturtheorie an der Zürcher Hochschule der Künste – das sieht man der Ausstellung auch an:

 

Sie schwankt zwischen sinnlich und verkopft.

 

Nüchtern, abstrakt, beinah aseptisch sind Beat Streulis Fotografien aus seinem Langzeitproject «Fabric of Reality», zu dem bei Lars Müller Publishers im Mai eine Monografie erscheint: Fassaden, hinter denen die Lebensräume, die Menschen, das Leben unsichtbar bleiben. Der international tätige Fotograf stellt in seinen grossen Wallpapers unweigerlich die Frage nach der Wirklichkeit: Leben die Menschen da oder sind sie da gefangen?

Barbara Ellmerer (1956) bildet unsichtbare Kräfte ab. In ihrer vierteiligen Werkgruppe «Organell» zoomt sie auf grossformatigem Grund in die mikroskopisch kleinen Zellkraftwerke hinein, malt farbige Körper in ihrer überlebensgrossen Abstraktion. Und die Künstlerin befragt so zugleich die Elemente der Malerei.

Fast unscheinbar gibt sich das Ready-Made des St. Gallers Jso Maeder (1957) mitten im weiten Raum. Wie in einem Zettelkasten aus Plexiglas stehen zwei Dutzend Tafeln und Folien: Fotografien, Zeichnungen, teils zu Motiven, die er im Internet gefunden hat.

Jso Maeder fragt, was die Kunst begrenzt, und er lässt uns sie be-greifen.

Bilder des Trostes und ­Räume des Trostes

Den offensichtlichsten Bezug zum Ausstellungsthema «Zellenleben» bieten im Eingangsbereich Bildprotokolle von Barbara Ellmerer, Dominic Neuwirth und Vera Kaspar in einer Tischvitrine. Die drei erkunden Bilder anonymer Künstler zur Philosophie, vor allem Illustrationen zum «Trost der Philosophie» des römischen Denkers Boethius, der in den Zellen des Klosters St. Gallen von Mönchen erstmals ins Deutsche übersetzt worden war. Und mit dieser Arbeit aus dem Projekt «Ikonografie der Trostschrift» schliesst sich der Bogen von der Vereinzelung hin zur Gemeinschaft.

Unabhängig von «Zellenleben», aber durchaus passend, ist die Installation «Rest or Stay» im Tiefparterre. Marianne Halter und Mario Marchisella sind in Japans Städten auf Türen gestossen, hinter denen Räume für Träume zu mieten sind – stundenweise. Für erotische Rendez-vous oder fürs Karaoke-Singen. «Perfekt hat die Architektur die Idee des Verborgenen aufgegriffen, die Sehnsucht, das Verstecken, das Dahinter», sagt Kunstraum-Kurator Richard Tisserand.

 

Kunstraum Kreuzlingen, bis 19.5. Symposium: 16.5., 12–17 Uhr

 

 

Langhardt, Dieter, “Von Herdentieren und Zelleninsassen” (14.04.2019), in: https://www.tagblatt.ch/kultur/von-herdentieren-und-zelleninsassen-ld.1110794?mktcid=smsh&mktcval=Facebook&fbclid=IwAR1bsPpG1KmtngxDYvB9wmtIiH8-tgGuE2wy7NU3FT8_JAfz_3u6xW8W3d4 , abgerufen am 16.04.2019.

Kunstraum Kreuzlingen, Zellenleben, Teaser

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Ausstellung Zellenleben, Kunstraum Kreuzlingen, Teaser

 

12. April – 19. Mai 2019
Judith Albert, Barbara Ellmerer, Jso Maeder, Dominic Neuwirth, Beat Streuli

Kuratiert von Nils Röller

Vernissage:
Freitag 12. April um 19:30 Uhr Einführung und Lesung

Symposium:
16. Mai von 12:00 – 17:00

 

Alles Leben spielt sich in Zellen ab – Dieser Satz ruft Vorstellungen aus dem Strafvollzug und aus der Biologie auf. Die fünf Positionen der KünstlerInnen zielen auf Leben, Lebensbedingungen und Lebensentstehungen. In den Medien Video, Malerei, Zeichnung, Installation und Fotografie entwickeln Judith Albert, Barbara Ellmerer, Jso Maeder, Dominic Neuwirth und Beat Streuli Wahrnehmungen von Zellen und den Möglichkeiten, die sie bergen.

 

Anlass der Ausstellung sind Bilder von Boethius, einem legendären Gefangenen. Vera Kaspar stellt Bildprotokolle zu ihm in einer Vitrine vor. Sie sind in einem Forschungsprojekt am IFCAR/ZHdK entwickelt worden, das vom SNF gefördert wird.

 

Wie Gegenwartskunst mit historischen Bildern arbeitet, dazu findet am 16.5. ein Symposion im Kunstraum Kreuzlingen statt.

 

Bildlegenden (v. l. n. r. )

Detail aus Jso Maeder’s, File 3 aus: PCE. 08/018 (slip box) – ‚Restlessness, fragmented Legends‘ 2010- 2018, 24 prints, PVC, Plexi, 33.5 x 15 x 22 cm
Teaser zu Dominic Neuwirth‘s, Topologie einer Geometrie der Leere (Arbeitstitel), 2019, Stahlrahmen, Holz, Stoff
Detail aus Barbara Ellmerer’s, Flux Particle 2013, Oil on canvas, 160 x 120 cm, (Photocredit: Gerold Hänggi)
Detail aus Beat Streuli‘s, Fabric of Reality – Kreuzlingen 2019, Wallpaper
Detail aus Judith Albert‘s, Grundlinien 2019, Video
Detail aus Barbara Ellmerer’s, Particules minuscules VI 2018, Oil on canvas, 18 x 24 cm (Photocredit: Gerold Hänggi)
Detail aus Jso Maeder’s, File 14 aus: PCE. 08/018 (slip box) – ‚Restlessness, fragmented Legends‘ 2010- 2018, 24 prints, PVC, Plexi, 33.5 x 15 x 22 cm
Detail aus Beat Streuli‘s, Fabric of Reality – Kreuzlingen 2019, Wallpaper